Igelfreundlicher Garten: Naturnahe Gartengestaltung für heimische Arten
Gartengestaltung für Igel - Was braucht der Igel im Gartenland? Von Futter, Wasser, Schlaf und Durchreisenden.
Einige Punkte haben wir bereits bei den Lebensgewohnheiten der Igel angesprochen, das sind im Besonderen:
- die Durchgänge an den Zäunen. Die Einfassung des Grundstückes sollte nicht durchgängig sein: Drahtzäune sollten etwa 10 cm über dem Boden enden, bei Gartenmauern und Holzzäunen sollte man ausreichend große Durchlässe einplanen.
- Sommerschlafplätze für Igel sind Reisighaufen, Laubhaufen, dichte Hecken und Hohlräume unter Bauten wie Holzstapeln, aber auch einfach hohes Gras.
- Winterschlafplätze und Nester werden aufwendiger angelegt, sie sollen regen- und schneedicht sein und werden mit Ästen und Laub ausgepolstert, als Schutz gegen Kälte. Gut dafür sind Dachüberstände, Igelhäuser, Freiflächen unter Dächern, wie Carports mit angrenzenden Heckenbepflanzungen o. ä.
- Igel benötigen Futter und Wasser zum überleben, sie essen Insekten, Raupen, Schnecken, Käfer und zusätzlich sehr wenige Früchte. Entweder man legt einen sehr flachen Gartenteich an (keine steilen Kanten, denn sonst könnten die Igel auch ertrinken, wenn sie hineinfallen) oder man stellt Blumenuntersetzer oder einen flachen Futternapf mit Wasser im Garten auf.
Eigentlich ergeben sich daraus nur wenige Dinge, die wir wirklich aktiv für unsere Igelfreunde tun müssen, in erster Linie: nicht zuviel aufzuräumen.
Laubhaufen schichten wir im Herbst auf ebenso wie Reisighaufen aus Totholz. Natürlich muss man nicht seinen kompletten Garten in ein Gewirr aus Benjeshecken verwandeln, aber hinter einem Schuppen und unter den Gebüschen lassen sich nicht unbeträchtliche Mengen an Laub und Ästen aufschichten, ohne den Blick allzusehr zu stören.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist eigentlich die Auswahl der Pflanzen: Sehr gut geeignet sind heimische Gehölze, wie Feldahornhecken und Buchenhecken, aber auch groß werdene Wildrosenbüsche, Wachholder, Ligusterhecken, Berberitzendickichte und andere Sträucher schaffen viele Rückzugs- und Schlafmöglichkeiten.
Wer Holz im Garten für seinen Kaminofen lagert, könnte das Holz auf Paletten oder großen Bohlen stapeln. Diese kann man mit Pflastersteinen vom Boden trennen und unter der Palette ergibt sich ein wunderbares, trockenes Igelquartier.
Einen Streifen als Blumenwiese anlegen und nur 2 mal im Jahr mähen: macht weniger Arbeit und bietet laufend Futter für die Tierwelt.
Beim Rasenmähen im Sommer und Herbst sollten wir auf Igel achten, besonders, wenn wir ein Dickicht mit der Motorsense bearbeiten oder sehr nah an Gebüschen mähen. Vorteilhaft ist, für alle Tiere im Garten, wenn wir nicht Kreisförmig mähen sondern von einer Seite zur anderen. So können flüchtende Tiere in eine Richtung laufen und wir "fangen" sie nicht direkt auf der anderen Seite ab.
Je nach Möglichkeit ist es zusätzlich gut, die Flächen nur in Partien zu mähen. So bleibt für Insekten und damit auch für die Igel immer ausreichend Futter vorhanden und es finden sich auch deutlich mehr Insekten im hohen Gras als im englischen Rasen.
Unterlassen sollte man auch den Einsatz von Gift im Garten, beispielsweise Schneckenkorn ist beispielsweise so giftig, dass ein Igel, der eine vergiftete Schnecke frisst, innerhalb von 12 Stunden stirbt!
Igel, die man so findet, kann man beim Tierarzt nur noch einschläfern lassen, hier kommt jede Hilfe zuspät.
Tierärzte warnen auch davor, weil Katzen und Hunde auch Schneckenkorn aufnehmen können (es schmeckt wohl ganz gut) und dann auch daran verenden.
Angeblich ungiftig sind Präperate auf Eisen-III-Phosphat-Basis. Bestätigen oder widerlegen können wir das nicht, da wir den Kampf gegen die Schnecken nie richtig aufgenommen haben.
Alles, was wir im Garten einsetzen, sollten wir mit Blick auf die Nahrungskette einsetzen, beispielsweise Insektenvernichter:
- Sind wir damit zu größzügig, retten wir zwar unsere Rosen, töten aber so viele Insekten, dass beispielsweise ein Igeljunges nicht mehr durchkommt.
- Oder: Setzen wir aus Faulheit im Kampf gegen die Quecken Glyphosat ein, könnte es dazu führen, dass unsere geliebten Krötenpopulationen im Garten Fehlbildungen erleidet. Nicht nur, dass wir eventuell die Kröten schädigen - auch der Igel hätte darunter zu leiden: Denn leider essen Igel nicht nur Schnecken und gefräßige Raupen, sondern eben auch mal eine kleine Kröte.
Auch Vogelschutznetze sind mit Vorsicht zu betrachten: Dass sich Vögel davon nicht immer abschrecken lassen, sondern sich auch darin teilweise verheddern und sie deshalb oft geprüft werden sollten, wissen die meisten wahrscheinlich. Fallen die Netze aber auf den Boden oder hängen ohnehin bis auf den Boden hinunter, können sich aber auch Igel mit ihren Stacheln darin wunderbar verheddern. Rettet man die Igel nicht, würden sie dort verdursten.
Leider sind Igel auch nicht immer unbedingt das, was wir vorrauschauend nennen würden: Löcher, die man im Garten gräbt, beispielsweise für Pfosten, sind ebenso Igelfallen, da die Igel einfach hineinfallen. Gruben, Kellerschächte, Regenauffangbecken (usw.) sollten deshalb immer abgedeckt sein. Auch Treppen, die in Kellergeschosse führen und von außen zugänglich sind, werden oft zu Fallen von Kröten und Igeln.
Was weder Kröten noch Igel gebrauchen können, sind pflegearme Gartengestaltungen im Sinne von leeren, aufgeschütteten Mineralmulchflächen. Immergrüne Gehölze in Reih und Glied. Leergefegte 4 cm Rasenflächen oder outgesourcte Komposthaufen an die regionale Abfallentsorgungsanstalt.
Lasst ein bisschen Natur, ein bisschen Wunder, ein bisschen Abtenteuer in euren Garten, und wenn es schon nicht überall sein darf, legt einen gewissen Bereich fest. Nehmen wir mal an euer Garten hat 250 qm Fläche und ihr wärt bereit 10 % der Fläche naturnah zu gestalten: das wären schon 25 Quadratmeter! Da passt ein Arragement aus einigen Sträuchern hin, dahinter und darunter ein Stapel aus Totholz, vielleicht bewachsen mit Wildrosen und davor könnten noch hohe Wildastern und andere Blumen stehen. Wenn man dann noch eine flache Schale für Wasser mit einbettet und regelmäßig füllt, hat man zumindest schon mal ein kleines „Bed- and Breakfast“-Hotel für die Igel der Umgebung.
Oft gefallen den Tieren in unseren Gärten die Ecken am besten, die wir am wenigsten ansehnlich empfinden. Beispielsweise gefällt uns unser kaum zu entfernendes und nur mit viel Gewalt an der Ausbreitung zu hinderndes wildes Brombeergewirr viel besser, seit wir ein zufriedenes und wirklich lautes Igelschnarchen im Sommer daraus vernehmen konnten.
In diesem Sinne: Einfach mal nicht-aufräumen und den Rasen mal nicht-mähen!