Der Schneckenreport – Pflanzen, die Schnecken nicht mögen
Schnecken fressen überhaupt nicht alle Pflanzen im Garten gleichermaßen kahl.
Wie ich lernte was Schnecken nicht schmeckt
Zum Glück verschmähten die gefräßigen Schnecken die immer prachtvoller erblühenden Pfingstrosen, den unscheinbaren Frauenmantel, die Wiesen mit Habichtskraut und rotem Klee ebenso wie den kleinen, hübschen, gelben Klee (Hornsauerklee? Oxalis corniculata??) und die kleinen Sedums, die aus allen Mauerritzen quollen.
Und die wundervollen Marienglockenblumen! Da konnte ich mich wieder einmal für meine mangelnde Ordnungsliebe beglückwünschen. Vor kurzem hatte ich noch mit dem Gedanken gespielt, dieses vermeintlich unansehnliche „Unkraut“ zu entfernen und mich dann – zum Glück! - doch dagegen entschieden. Und es wurde mir gedankt: Überall hohe Stauden mit weißen, rosa oder dunkellila prächtigen Glocken, von den Hummeln ebenso umschwärmt wie von mir – und von den Schnecken absolut ignoriert. So soll es sein!
Überhaupt: Glockenblumen! Egal ob niedrige oder hohe Sorten, Pfirsich – oder rundblättrige, Polster- oder Teppichglockenblumen: sie werden von Schnecken nicht angerührt.
Auch die Ballonblume, deren Blüten ja eine gewisse Ähnlichkeit mit den Glockenblumen zeigen, stehen unangefressen und kommen sogar immer wieder.
Und die Bartnelken sind mit das schönste Geschenk, das der Vorbesitzer hinterließ. Sie wachsen überall, säen sich zuverlässig von selbst aus, am liebsten augenscheinlich in Kieswegen und zwischen Pflastersteinen, aber sie lassen sich auch problemlos in genehmere Gefilde verpflanzen und wachsen und blühen in allen Farben und Farbkombinationen von weiß über rosa und pink zu tiefem dunkelrot und lila: eine Augenweide, eine Freude – auch wenn sie dann endlich doch umkippen. Aber das mag an unseren ja nicht so optimalen Lichtverhältnissen liegen, die sie doch dazu verleiten, etwas größer und instabiler zu werden, als ursprünglich geplant.
Seltsamerweise klappt es mit anderen Nelkengewächsen nicht so gut. Sie sehen zwar für eine kurze Zeit prima aus, aber irgendwie verschwinden sie dann einfach. Nur eine Landnelke in einem der Betonpflanzsteine habe ich gerettet, allerdings ist es ihr auch zu dunkel, die wenigen Blüten, die sie hervorbringt, verbringen ihr Leben zum größten Teil in der Horizontalen.
Fast verschwunden waren auch die Astilben, die ich in unserer vordere Wiese gepflanzt hatte. Über einen kurzen Zeitraum hielten sie sich ganz gut, aber als es dann immer wärmer und wärmer wurde, wurden sie immer kümmerlicher. Diese Wiese ist besonders trocken, inzwischen vermute ich, dass unter der dünnen Erdschicht neben Sand auch noch der Schutt vergangener Umbaumaßnahmen liegt. Meine Bodenverbesserungsversuche haben bis jetzt nichts gebracht.
Die Astilben habe ich kurzerhand in das Beet zwischen „Waldgarten“ und „Sträucherwiese“ umgesiedelt, sie entfalten dort zwar auch nicht die erwartete Opulenz, aber immerhin: sie leben und auf jeden Fall gehören auch sie zu den Pflanzen, die von Schnecken ignoriert werden. Warum mögen sie die bloß nicht?
… Warum mögen Schnecken keine Hortensien? Ich bin ja dankbar dafür, denn ich bewundere Hortensienblüten in jeder ihrer Lebensphasen, die kleinen Nester der Blütenknospen, die immer größer werden und sich dann so zart entfalten mit grünem Schimmer um sie herum, wenn sie in ihrer vollen Schönheit so selbstbewusst dastehen – egal in welcher Farbe – und nicht zu unterschätzen: die exquisiten Farbnuancen ihres langsamen Dahinwelkens - die reinsten Kunstwerke. Und trotzdem für Schnecken absolut uninteressant.
Oder die Hermerocallis, die Taglilien. Fast künstlich sehen sie aus, als Knospe wie als voll erblühte Blüte, so stolz und standfest und doch so bescheiden in ihren Ansprüchen an Licht und Wasser und zum Glück so unattraktiv für Schnecken!
Ein weiteres Rätsel: die Funkien oder Hosta. Eigentlich sollen sie ja nicht zu den schneckenresistenten Pflanzen gehören, habe ich jedenfalls gelesen. Unsere Schnecken scheinen das aber nicht zu wissen oder die großen, alteingesessenen Funkienhaben ihnen irgendwie klargemacht, dass sie keine Opfer sind. Denn ich muss eine kleine Einschränkung zugeben: junge Funkien, gerade gekauft und überzeugt eingegraben, scheinen doch eher wehrlos zu sein und werden von den Schnecken gnadenlos angefallen. Doch auch bei ihnen gibt es einige Exemplare, die sich gegen jeden Anschein dann doch wieder aufrappeln, gestärkt, wenn auch noch nicht so majestätisch unüberwindlich wie die Alten: Ich muss einfach ein Loblied auf sie singen, die Funkien, die Hosta, in allen Farb- und Größenvariationen, sie sind so kunstvoll, so photogen, egal ob mit oder ohne Regentropfen, die wie große, durchsichtige Perlen auf ihnen liegen, jeder Lichtstrahl bringt ihre Blattstruktur zum Leuchten, erfreut mit den schönsten Schattenspielen – und sie brauchen offensichtlich weder viel Licht noch zusätzliches Bewässern. Klaglos lassen sie sich aus dem Boden reißen, wenn man, ihre Existenz nicht ahnend, z. B. vorschnell einen Kompostbehälter auf sie gebaut hat oder meint, der enge Wohnort direkt an einer Hauswand sei doch langsam unkomfortabel. Man setzt sie an anderer Stelle ein und sie wachsen ohne beleidigtes Getue unbeeindruckt weiter. Und dann blühen sie sogar noch! Plötzlich erscheinen lange Blütenstiele, dann sogar Blüten, weiß oder lila – und ich denke immer: Danke! Das wäre doch gar nicht nötig gewesen, aber vielen Dank!
Bei großen Blättern fallen mir auch dann gleich die Callas ein. Die hab ich dann vor einiger Zeit verschwinden lassen, obwohl sie fast schneckenresistent waren, die vereinzelten Probebissen fand ich gar nicht so schlimm, eher ein weiterer dekorativer Schnörkel in den wirklich sehr schönen, saftiggrünen Blättern. Aber da es bei uns eindeutig zu dunkel ist und selbst der Versuch, sie in Kübeln zu den sonnigsten Stellen zu schleppen nicht einen einzigen Blütenstand hervorbrachte, habe ich mich dann gegen sie entschieden. Ehrlich gesagt mochte ich sie von Anfang an nicht so sehr – wofür sie nichts konnten – und pflanzte sie nur ein, weil sie ein Geschenk vom Nachbarn waren, aber sie erinnerten mich mich zu sehr an Grünanlagen auf Mallorca und das fand ich irgendwie unpassend. Tut mir leid.
Um so mehr gefällt mir der gelbe Fingerhut, der im „Waldgarten“ wächst, so unscheinbar neben seiner farbenfrohen Roter-Fingerhut-Verwandtschaft mit den knalligen, gefleckten Blüten. Auch er ist kein Futter für die Schnecken – und im Gegensatz zu seinen Verwandten äußerst zuverlässig: Er kommt einfach immer wieder und fühlt sich offenbar wohl.
Auch die Purpurglöckchen schätze ich immer mehr, sind sie doch so anpassungsfähig, egal ob Schatten oder Wassermangel, sie wachsen still vor sich hin, werden unmerklich immer ausladender, recken ab und zu ihre Blütenstengel, eben die Purpurglöckchen, ganz zart in die Höhe und sind einfach treu da, wo man sie zurückgelassen hat. Und die Schnecken wollen sie nicht! Allein ihre etwas traurige, rötlich-braun-grüne Blattfärbung hat sie mich zuerst nicht so würdigen lassen, wie sie es verdienen. Aber vor kurzem habe ich entdeckt, dass es sie auch in hellen Grüntönen zu kaufen gibt und freue mich schon jetzt auf den nächsten Frühling.
Löwenmäulchen laufen einem zum Glück ja immer wieder zu. Gleichgültig, ob als Samenpäckchen oder blühende Pflanze, in jeder Farbe - sie sind überall. Auch sie liebe ich schon seit meiner Kindheit und obwohl sie es in unserem Garten schwer haben und doch sehr die Sonne vermissen, schlagen sie sich tapfer, säen sich immer wieder selbst aus und erfreuen mich trotz ihrer kargen Blütenfülle. Und, um bei eigentlichen Thema zu bleiben, scheinen für Schnecken nicht zum Nahrungsspektrum zu gehören. Prima.
Je mehr ich darüber nachdenke, um so interessanter fände ich es, zu wissen, nach welchen Kriterien Schnecken ihr Essen aussuchen. Sind es immer giftige Inhaltsstoffe? Da muss ich mal nachforschen. Die Kapuzinerkresse lassen sie in Ruhe – sind ihnen ihre Blätter zu würzig, erinnern sie sie an Heringssalat, den sie dann auch nicht mögen?
Leider schwächelt die Kapuzinerkresse in unserem Garten fast immer, bleibt klein, rankt ums Verrecken nicht und schiebt nur wenige Anstandsblüten heraus. Gefühlt habe ich schon tonnenweise Kapuzinerkressesamen verteilt und: nüscht. Und wie immer die Fragen: zu trocken? Zu dunkel? Heimliche Räuber? Ich beschränke mich jetzt auf ein paar Kapuzinerkressen im Topf, die trage ich zu den hellsten Stellen und begrüße jedes Blatt und jede Blüte.
Die Ringelblumen wachsen nur da, wo eigentlich das Gemüse gedeihen sollte. Der Rest des Gartens ist ihnen wohl zu trocken und zu dunkel, da mutieren sie zu nur wenige Zentimeter hohen, blütenlosen Gestalten, die irgendwann einfach aufgeben. Aber die Schnecken sind nicht daran schuld, die mögen sie auch nicht, wobei ich mich schon frage, wie sie diesem betörenden Ringelblumenduft widerstehen können.
Im Gemüsebeet breiten sie sich jedenfalls unaufhörlich weiter aus, gelb und orange, zwischen Borretsch, der mit seinen hübschen, blauen Sternblüten ebenso expansiv ist, wie der wilde Oregano, die Freude aller Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und was sonst noch für fliegender Insekten.
Und alle ebenso unbehelligt von den Schnecken wie der Thymian, die Zitronenmelisse, dem Rosmarin, dem Salbei und nicht zu vergessen, dem Lavendel. Ach, Lavendel! Wer träumte nicht von beeindruckenden Beeteinfassungen, quasi provenzalischen Feldern, wenigstens im Kleinformat – aber auch das ist mir nicht vergönnt, ohne dass ich den Schnecken dafür die Schuld in die Schuhe schieben könnte. Wieder einmal fehlt einfach die Sonne, denn bei meiner Tochter, nur wenige Kilometer entfernt, entwickeln sich die jämmerlichsten Stecklinge in kurzer Zeit zu dicken Stauden, beneidenswert, aber nicht zu ändern. Ich lasse meine kümmerlichen Lavendelpflanzen trotzdem stehen und bewundere ihren Mut, mit dem sie trotz allem ein paar dünne, dennoch duftende Blütenstände herausschieben. So kränklich sie auch sein mögen, die Schnecken verschmähen sie.